Seit alters her hat der Mensch versucht, die von der Sonne ausgehende wohltuende Wirkung künstlich zu erzeugen. Mit dem Sitzen um ein Lagerfeuer oder einen glühenden Kohlehaufen begann die von Menschen geschaffene Nutzung der Infrarotwärme. Im Jahr 1800 entdeckte der englische Astronom Sir William Herschel, dass die Erwärmung über dem roten Ende des sichtbaren Lichtspektrums zunimmt. Wir können die Infrarotstrahlung also nicht sehen, aber sehr wohl spüren. Ihre positive Wirkung auf den Menschen ist unbestritten. Heute gibt es eine Vielzahl von Anbietern von Infrarotkabinen für den häuslichen Wellnessbereich mit sehr unterschiedlichen therapeutischen Leistungsversprechen.

Die Grenze zwischen Wellness und medizinischer Therapie liegt in der erreichten Temperatur im Gewebe bzw. in der Erhöhung der Körperkerntemperatur. Aus medizinisch-therapeutischer Sicht sind Temperaturen von deutlich über 38° Celsius erforderlich. Effekte, denen man eine Antitumorwirkung zuschreibt, treten erst bei Temperaturen von über 39° Celsius auf. Im Wellness- oder Heimbereich dürfen diese Temperaturen keinesfalls erreicht werden, da sie für den Anwender ohne fachärztliche Betreuung mit Risiko verbunden sein können. Eine Therapie im medizinischen Sinne kann also niemals das Ziel der Wärmeanwendungen im Wellness- oder Heimbereich sein. Eine Linderung von Befindlichkeitsstörungen im Rahmen verschiedener Erkrankungen ist dagegen aber durchaus möglich.

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Neben den lokalen Wärmeanwendungen (Fango, Heusack etc.) stehen im Wellnessbereich vor allem Sauna, Dampfbad und Infrarotkabine zur Verfügung. Der entscheidende Unterschied zwischen diesen Badeformen liegt jeweils in der Art der Thermoregulation, die im Körper angeregt wird. Bei der Sauna wird der gesamte Körper einer Temperatur ausgesetzt, die deutlich über der „thermisch neutralen“ Temperatur liegt. Die thermisch neutrale Umgebungstemperatur ist individuell unterschiedlich und wird für einen unbekleideten Menschen mit 30 bis 37° Celsius angegeben. Wärmeaufnahme und Wärmeabgabe halten sich die Waage. In der Sauna strömt nun heißeres Blut aus der Haut zum Körperinneren. Der Organismus schützt sich vor einem Anstieg der Körperkerntemperatur mit einer Drosselung des Blutrückstroms aus der Haut. Dieses „Notprogramm“ kann aber nur kurze Zeit, nämlich ein paar Minuten, aufrecht erhalten werden. Die Herzkreislaufbelastung steigt. Die Sauna wird daher oft als Reizanwendung im kneippschen Sinne bezeichnet – mit entsprechenden Ruhephasen und Kälteanwendungen im Wechsel. Bei niedrigeren Lufttemperaturen, wie sie zum Beispiel in der Biosauna bei 50 bis 60° Celsius vorkommen, oder hoher Luftfeuchtigkeit, wie sie in Dampfkabinen vorherrscht, unterscheidet sich diese Form der Thermoregulation jeweils nur graduell voneinander, nicht prinzipiell.

Einen anderen Weg gehen die Infrarotkabinen. Hier befindet sich der überwiegende Teil der Haut in einer thermisch neutralen Umgebung. Die zusätzliche Zufuhr von Wärme ist gegenüber der Sauna vergleichsweise gering. Die Blutumverteilung erfolgt schrittweise ebenso wie die Erhöhung der Körperkerntemperatur um 0,2 bis 0,3° Celsius in etwa 30 Minuten. Der Organismus kann sich adaptieren. Die schrittweise Öffnung der Peripherie zur Abgabe der überschüssigen Wärme entspricht der natürlichen Form der Thermoregulation. Quasi wird dem Körper der Eindruck vermittelt, er hätte selbst zu viel Wärme produziert. Man kann bei diesem Konzept durchaus von einer „Durchwärmung von innen nach außen“ sprechen, die sehr gut verträglich ist.

Man muss hier mit einigen grundlegenden Missverständnissen aufräumen. Es ist die Wärme, die wirkt! Die positiven Effekte, die man Infrarotkabinen zuschreibt, lassen sich allein durch die Reaktion des Körpers auf die Wärmeapplikation erklären. Welche Strahlungsart, also A-, B- oder C-Strahlung, verwendet wird, ist für diese Fragestellung im Zusammenhang mit Infrarotkabinen von untergeordneter Bedeutung. Es geht primär um Wärmeanwendungen und nicht um die Art der Infrarotstrahlungen. Die Infrarotstrahlung ist nur ein sehr geeignetes Mittel zum Wärmetransport, da es berührungslos funktioniert und die Thermoregulation der Haut nicht, wie zum Beispiel durch direkten Kontakt mit einer Wärmequelle, stört.

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Jede Infrarotstrahlung (A, B und C) wird in der Haut in Wärme umgewandelt. Doch wie tief geht diese Strahlung? Selbst wassergefilterte IR-A-Strahlung, wie sie in der Medizin mittels sehr teurer Anlagen eingesetzt werden, schafft nur etwa eine Tiefe von 5 Millimeter. 95 % der wassergefilterten IR-A-Strahlung werden dagegen in den darüber liegenden Hautschichten in Wärme umgewandelt. Den Begriff „Tiefenwärme“ kann man damit jedenfalls kaum begründen. Tiefere Gewebeschichten werden durch direkte Wärmeleitung erwärmt – völlig unabhängig davon, ob die Körperregion mit A, B oder C bestrahlt oder direkt durch eine Wärmflasche erwärmt wird. Entscheidender ist, ob durch die Wärmeanwendung die Körperkerntemperatur leicht angehoben wird – allein dies ist für die Wirkung über die einsetzende Thermoregulation ausschlaggebend. Die Körperkerntemperatur steigt dadurch, dass aus den bestrahlten bzw. erwärmten Hautarealen erwärmtes Kapillarblut zum Körperinneren strömt. Ist das Hautareal, das erwärmt wird, zu groß, drosselt der Körper den Blutrückstrom aus der Haut zum Körperinneren. Damit will er einen Anstieg der Körperkerntemperatur verhindern. Die Anhebung der Körperkerntemperatur ist aber bei Strahlern für den Heimbereich mit 0,2 bis 0,3° Celsius nur gering.

Kommen wir nun zu der Art der Strahler. Welches Infrarotspektrum eine Strahlenquelle, ob Flächenstrahler, Stabstrahler oder Lampe, abgibt, hängt ausschließlich von ihrer Oberflächentemperatur ab. So werden von einer Oberfläche mit 1.500° Celsius ca. 23 % IR-A abgegeben; der Rest ist B- und C-Strahlung. Bei einer Oberflächentemperatur von 1000° Celsius haben wir nur noch 3 bis 4 % IR-A-Anteil. Bei einer Oberflächentemperatur von 300° Celsius werden 97 % IR-C und 3 % IR-B abgegeben. Die Hautoberfläche des Menschen gibt auf Grund ihrer Oberflächentemperatur natürlich ausschließlich IR-C ab. Bei den Strahlern ist wichtig, dass sie so verbaut sind, dass die Haut mit einer gleichmäßigen Stärke bestrahlt wird, also innerhalb des Bestrahlungsfeldes keine Belastungsspitzen gegeben sind. Vorgeschlagen werden seitens der EU Werte von 80 bis 100 mW/cm², die auch über eine Stunde ohne Probleme vertragen werden. Durch die Anordnung von Strahler und Reflektor sollte die Bestrahlungsstärke im gesamten bestrahlten Hautbereich gleichmäßig sein und an keiner Stelle die 100 mW/cm² übersteigen. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass die Bestrahlungsstärke im Abstandsquadrat zum Strahler abnimmt. Dass sich mit dem Abstand zum Strahler die Wellenlänge ändert, ist im Übrigen ein Unfug. Für die Qualität des Strahlers bzw. der Kabine ist also von entscheidender Bedeutung, wie Strahlenquelle, Gehäuse und Reflektor konfiguriert sind, welches Hautareal mit welcher Bestrahlungsstärke bestrahlt wird, wie dieser Strahler (Abstand etc.) in der jeweiligen Kabine verbaut ist und in welchen Kabinenluft-Temperaturbereichen gearbeitet wird.

Werner Geyer

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